Die Feldlerche: Portrait der ‚Hausherrin‘ des Tempelhofer Feldes

Feldlerche Cover _Jungvoegel_Feldlerche_ (c) Wildtierbuero_Matthews_2022

Bild: Wildtierbüro Matthews



Die Feldlerche kennen die Besucher*innen des Tempelhofer Feldes wohl mindestens daher, weil ihr Schutz auf der Fläche für alle wahrnehmbar ist: Ab April flattert ein weiß-rot gestreiftes Band um den großen Innenring. Damit ist die Vogelschutzzone markiert, in der die Feldlerchen ungestört brüten können. Für Menschen und ihre Begleiter ist das Betreten dieser Flächen bis Juli nicht erlaubt.

Die Feldlerche heißt Feldlerche, weil sie ihr Leben auf Feldern, Äckern, Wiesen oder Agrarflächen verbringt. Und weil sie ein Bodenbrüter ist: sie versteckt ihre Nester am Boden, im Gras. Für ihren Fortbestand braucht sie die offene Landschaft - deshalb ist das Tempelhofer Feld ein Glücksfall für sie. Außerhalb der 300ha großen Fläche zwischen Tempelhof und Neukölln ist ihr Lebensraum in Städten wie auf dem Land stark eingeschränkt, ihr Bestand gefährdet.


Fakten und Farben zur Feldlerche: Steckbrief

  • Die Feldlerche ist eine von insgesamt 3 Lerchenarten
  • Sie trägt ein braunes, recht unauffälliges Federkleid
  • Ihr fröhlicher Gesang ist umso präsenter, gilt als Frühlingsbote
  • Sie singt nur im Flug
  • Sie kann bis zu 10 Jahre alt werden
  • Die Feldlerche brütet 2-3 Mal pro Jahr
  • Die Brut dauert 11-14 Tage
  • Bis zur Flugfähigkeit vergehen 16 Nestlingstage
  • Ausgewachsen wiegt die Feldlerche 30 bis 55 Gramm


Vogelschutzzonen für die Feldlerche: Brut und Überleben

Im Frühjahr scharrt die Mutter-Feldlerche eine Mulde in den Boden und polstert diese mit weichen Grashalmen und kleinen Zweigen aus. In dieses gemütliche Bodennest legt und bebrütet sie dann ihre Eier.

Sie ist eine Tarnkönigin: Ihr Gefieder ist braun gefleckt, mit mal helleren, mal dunkleren Strichen. Auf offenen Flächen ist sie kaum erkennbar und so bestens geschützt. Wenn man sie am Boden eher selten zu Gesicht bekommt, am Himmel sieht man sie. Und dann trillert sie in schier endlosem Fluss ihre Strophen - bis zu 15 Minuten am Stück.

Wenn sie aber zurück zu ihrem Nest fliegt, hält sie den Schnabel. Ihr Nest steuert sie nicht direkt an, sondern vollzieht ein „Ablenkungsmanöver“. Damit lenkt sie potentielle Angreifer auf eine falsche Fährte. Sie fliegt erst zu einer anderen Stelle und trippelt dann (mit regelmäßigem Schulterblick nach Verfolgern) zu ihrem sicher versteckten Nachwuchs.

Die Feldlerche braucht viele Insekten. Von denen bietet das Tempelhofer Feld eine gute Auswahl, weil hier keine Insektizide gespritzt werden.

Feldlerche

Bild: Kathleen Wächter


Gefährdungslage für die Feldlerche


2019 wurde der Feldlerche schon zum zweiten Mal die Ehre zu teil, Vogel des Jahres zu werden (zuerst 1998). Eigentlich kein Grund zu feiern, denn mit dem Fokus auf die Feldvögel soll vor allem auf deren missliche Lage hingewiesen werden.

Was ist das Problem? In Deutschland ist die Population der Feldlerche drastisch gesunken. Der NABU hat die „Alarmstufe rot“ vergeben, sie ist in der Kategorie 3 als gefährdet gelistet. Auf der roten Liste steht die Feldlerche nicht allein, mittlerweile ist fast jede zweite Brutvogelart als bedroht hier verzeichnet.

Von 1990 bis 2015 ist der Bestand der Feldlerche deutschlandweit um rund 40 Prozent gesunken. Auf Gesamt-Europa bezogen ist ihr Bestand seit 1980 sogar um 50 Prozent gesunken.

Ihr Lebensraum - offene Flächen - verknappt durch die Klimakrise und das Artensterben, durch städtische Bebauung und Versiegelung und durch eine aggressive, meist monokulturelle Agrarwirtschaft. Das schwere maschinelle Geschütz der Landwirtschaft nimmt auf Bodenbrüter (und andere Wildtiere) keine Rücksicht.

Die Feldlerche auf dem Tempelhofer Feld

Während es in freier Wildbahn immer ernster um sie steht, ist das Tempelhofer Feld ein Segen für die Feldlerche. Hier hat sie seit 2010 ein sicheres Zuhause gefunden. Bis zum vorletzten Naturschutzfachlichen Monitoring stieg ihre Population mit jedem Jahr seit der Eröffnung der urbanen Freifläche. Bis 2020 konnten hier 252 Reviere gezählt werden, 2010 waren es erst 162. Einzig beim Monitoring 2021 war erstmals ein Rückgang zu sehen: nur noch 227 Reviere wurden gezählt, 10 Prozent weniger Bestand, als im Vorjahr. Grund dafür ist laut Vogelexperte und Dipl.-Biologe Rainer Altenkamp in seiner Bestandsaufnahme u.a. wohl das verringerte Nahrungsangebot durch die Ausdehnung der Beweidung.

Dennoch bleibt die Feldlerche die mit Abstand dominierende und in weiten Teilen des Gebietes auch einzige Vogelart. Die Tempelhofer Feld-Feldlerche macht sogar rund 50 Prozent des Berliner Gesamtbestandes der Art aus. (Andere befiederte Mitbewohner auf dem Tempelhofer Feld sind z. B. Haussperlinge, Stare und Nebelkrähen und auch seltene Vögel wie Neuntöter und Grauammer

Übersicht Vogelarten Screenshot

Grafik: Aus der Studie: „Wertigkeit des Tempelhofer Feldes – Qualitäten erfassen und sichtbar machen“ (S. 13)

Die Auswirkungen eines kleiner werdenden Freiraums für die Feldlerche

Allein in Deutschland gehen jeden Tag 54 Hektar landwirtschaftlicher Flächen verloren. Das entspricht in etwa 76 Fußballfeldern. Für Straßen, Wohn- oder Industriegebiete verschwindet wertvolles Acker- oder Grünland. Die Versiegelung von Böden bedroht die Lebensräume von Tieren und seltenen Pflanzenarten - letztlich des Menschen - und setzt das klimaschädliche CO2 frei.

Christiane Bongartz, Mitglied der gewählten Feldkoordination, warnt vor den Auswirkungen, die eine angeblich behutsame Randbebauung für die schützenswerte Feldlerche mit sich brächte, u.a.:

- die nicht mehr ausreichende Deckung der Brutgelege durch Langgraswiesen
- den hohen Störungsgrad durch die Erholungsnutzung von Restwiesen
- die Abnahme des Dauergrünlandanteils als Nahrungsreservoir

Der Fortbestand mindestens der Hälfte der Berliner Feldlerchenpopulation wäre damit in Gefahr.


Die Feldlerche, nur ein Argument für den Schutz des Tempelhofer Feldes

Auf den über 300 Hektar offener Fläche können lt. dem Wildtierexperten der Senatsverwaltung für Klimaschutz und Umwelt, Derk Ehlert „Tiere und Pflanzen vorkommen, die es sonst nirgendwo gibt.“ Hier ist die Welt für Flora und Fauna noch in Ordnung - weil Biozide oder Insektizide nicht zum Einsatz kommen.

Die Feldlerche ist nur eine Vogelart von vielen, deren Leben immer schwerer wird. Das Tempelhofer Feld bietet ihr einen lebensnotwendigen Schutzraum, den es zu erhalten gilt. Helfen Sie durch Rücksichtnahme mit!



Der frühe Vogel fängt den Wurm!

Während es Feldlerchen und Co. gestattet ist, auf dem Tempelhofer Feld zu nächtigen, müssen Menschen nach Sonnenuntergang das Feld in Ruhe lassen. Deswegen unser Tipp: Gehen Sie doch mal früh nach Sonnenaufgang aufs Tempelhofer Feld und genießen das frühlingshafte Gezwitscher, Brummen und Flattern - und die frische Luft!



Quellen:

Studie: Wertigkeit des Tempelhofer Feldes – Qualitäten erfassen und sichtbar machen

Monitoring der Avifauna des Tempelhofer Feldes in Berlin im Jahr 2021 sowie Vergleich mit den Brutvogelerfassungen 2005 und 2010 bis 2020

Tempelhofer Feld Naturschutzfachliches Monitoring Ergebnisse 2021

Rote Liste der Brutvögel, NABU



Weiterführende Informationen zur Feldlerche

Im Podcast Gut zu Vögeln der Hobby-Ornithologen Antonia Coenen und Philipp Juranek geht es in Folge 36 um die Feldlerche. Ab Minute 42’30 sogar um die Tempelhofer Feld Feldlerchen!

Im Minifilm Unterwegs mit Derk Ehlert, dem Wildtierexperten der Senatsverwaltung für Umwelt und Klimaschutz verrät er viel Wissenswertes zu Feldlerchen und anderen Wildtieren auf dem Tempelhofer Feld


Tipps vom NABU: Was Sie persönlich für die Feldlerche und andere gefährdete Vogelarten tun können