Was passiert gerade im Beteiligungsverfahren Tempelhofer Feld?
So war's beim 10. Feldforum
Feldforum digital: Aktuelles im Live-Stream, Fragen im Chat
Wie gestaltet sich ein Feldforum in Pandemiezeiten? Wie können Inhalte geteilt werden und Beteiligung der Öffentlichkeit ermöglicht werden? Dieser Herausforderung stellte sich die Feldkoordination bei der Vorbereitung des 10. Feldforums im Juni 2021 nun schon zum zweiten Mal. Im vorigen Jahr war für das 9.Feldforum ein Zelt nahe des Süd-Eingangs Tempelhofer Damm aufgebaut worden – die Besucher*innen sollten in Rundgänge wahrnehmen, was sich dort alles verändern wird und eigene Anregungen dazu einbringen.
Beim diesjährigen 10.Feldforum standen die Informationen im Vordergrund. Eine Arbeitsgruppe erarbeitete ein passendes Format und entschied sich dafür, dass das Feldforum aus der Zollgarage beim Flughafengebäude zu streamen. Es galt ein reiches Paket an Informationen zu vermitteln: Neue Projekte, zusätzliche Infrastrukturen (z.B. Trinkbrunnen und Toiletten-Container), ergänzende Angebote (z.B. Sandfläche, Bouleplatz) im Bereich Tempelhofer Damm, der neue Info-Container, die Sanierung von Haus 104, die Planung an der Oderstraße und zudem wertvolle Erkenntnisse zum Besucherverhalten sowie die wichtigen Ergebnisse der Wertigkeitsstudie.
Feldkoordinator*innen bereiteten die Entwicklungen aus den verschiedenen Teilbereichen des Feldes auf und Zuschauer*innen und Interessierte konnten ihre Fragen und Meinungen über einen Chat in die Veranstaltung einbringen.
Das Feldforum konnte über die Website des Beteiligungsmodells verfolgt werden. Zuschauer*innen, die sich aktiv einbringen wollten, konnten dafür die Chat-Möglichkeit über mein.berlin.de nutzen. Während des Feldforums wurden Fragen aus dem Chat über die Moderation an die Redner*innen weitergegeben und von diesen beantwortet.
Die eingebrachten Themen der Zuschauenden waren breit gefächert. Es gab nicht nur Fragen zu den vorgestellten Themen, sondern auch allgemeine Fragen zum Feld: Sorgen über die Müllsituation wurden geteilt oder Nachfragen zur Einhaltung des Naturschutzes gestellt. Bemängelt wurde die technische Hürde der Beteiligungsmöglichkeit speziell für ältere Menschen mit wenig technischem Erfahrungen. Einige Kommentare und Fragen konnte aufgenommen und direkt beantwortet werden, andere Fragen werden die Feldkoordinator*innen bei den nächsten Sitzungen bearbeiten.
Die inhaltlichen Themen wurden von den Mitgliedern der Feldkoordination erarbeitet und auch präsentiert. Dabei ging es um folgende 5 Bereiche:
Aktuelles & Schlagzeilen vom Feld
Entwicklung Teilbereiche Oderstraße
Entwicklung Bereich Alte Gärtnerei
Besucher*innen- und Projektebefragungen
Wertschätzungsstudie zum THF
Die Aufzeichnung der Veranstaltung, die vorgestellten Präsentationen aber auch die Fragen aus der Öffentlichkeit sind auch nach der Veranstaltung dokumentiert. Nutzen Sie dafür die Links im unteren Seitenbereich!
Mehr als die Summe der einzelnen Teile: Der Wert des Tempelhofer Feldes
Schon gewusst? Das Tempelhofer Feld ist das einzige „ruhige“ Gebiet nahe des Berliner Zentrums, also eine über 300 Hektar große Naturfläche mit geringer Lärmbelastung. Die positiven Effekte, die das Feld auf die leibliche Gesundheit hat, fangen damit erst an.
Diese und viele weitere Erkenntnisse, wie wertvoll das Tempelhofer Feld, seine Natur und seine Räume für uns Bewohner*innen ist, sind jetzt in einer wissenschaftlichen Studie des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig belegt und erläutert. Im Auftrag der Senatsverwaltung für Verkehr, Umwelt und Klimaschutz haben die Wissenschaftler unter dem Titel „Zur gesellschaftlichen Wertigkeit des Tempelhofer Feldes – Qualitäten erfassen und sichtbar machen“ den aktuellen Status und den Wert des Feldes für die verschiedenen Nutzer*innen erfasst und beschrieben. Klar wird: Um die Bedeutung der rund 300 ha großen Fläche des Tempelhofer Feldes für die Stadtgesellschaft zu ermessen, müssen fast so viele Standpunkte eingenommen werden, wie es Nutzer*innen gibt. Das Feld wurde in der Studie unter folgenden Gesichtspunkten betrachtet:
Der physische Raum
Die Weite und Größe des Tempelhofer Feldes beeindrucken jeden Besucher. 303 Hektar, das sind rund 424 Fußballfelder. Wer vom Westeingang am Tempelhofer Damm zum Osteingang an der Herrfuthstraße radelt, kann gut eine Viertelstunde in die Pedale treten – Gegenwind garantiert. Die Fläche beeindruckt auch, weil sie auf den ersten Blick – anders als in üblichen Stadtparks – kaum gartenbaulich gestaltet zu sein scheint. Hier gibt es Flughafenstrukturen neben dem wild-natürlichen Wiesenmeer und zum Verweilen einladenden Baumgruppen.
Urbane Natur
Vom unbebauten Feld profitiert ganz Berlin. Es sorgt für den nötigen Luftaustausch. Die Bäume und Pflanzen filtern den Staub aus der Luft, Regenwasser kann hier versickern. Zudem kühlt das Feld nachts ab, so dass sich frische Luft wieder ausbreiten kann und die angrenzenden Bezirke belüftet. Die Artenvielfalt ist beeindruckend. Während deutschlandweit die Population der Feldlerche in den letzten 40 Jahren um bis zu 90 Prozent geschrumpft ist, hat sie sich mit 224 Reviere eine feste Heimat auf dem Tempelhofer Feld erobert. Noch wichtiger vielleicht: Das Feld ist außerdem ein wichtiger Lebensraum für eine bunte und sehr artenreiche Insektenwelt.
Mensch-Natur-Beziehung
Auch wenn es gar nicht auffällt, so ist das Tempelhofer Feld in viele verschiedene Zonen unterteilt: Es wird Sport getrieben, Ruhe gesucht, Natur beobachtet - ein Möglichkeitsraum für seine Besucher*innen. Es ist Berlins größte informelle Sportstätte und ein Ort für Naturerfahrung, Umweltbildung und Kultur. Die Berliner*innen wissen es zu schätzen - im September 2020 kamen durchschnittlich 28.000 Besucher*innen pro Tag aufs Feld.
Begegnung und Austausch
Die angrenzenden Quartiere sind durch hohe Bevölkerungsdichte und soziale Problemlagen geprägt. Das Tempelhofer Feld versorgt an seinem Standort die Nachbarn mit dem nötigen „Freiraum“. Wissenschaftlich ausgedrückt: „Das Feld trägt zur Umweltgerechtigkeit bei, erzeugt Verbundenheit und Identifikation unter seinen Nutzer*innen.“ Und auch darüber hinaus begegnen sich hier Menschen, suchen den Austausch, verfolgen gemeinsame Hobbies, genießen die Natur wie einen eigenen Garten. Gemeinsam etwas zu gestalten und zu erleben fördert dabei die Integration.
Aushandlung und öffentliche Wahrnehmung
Das Tempelhofer Feld ist auch ein „Ort gelebter Demokratie“. Über das Beteiligungsmodell gestalten gewählte bürgerschaftliche Vertreter*innen das Tempelhofer Feld von Beginn an mit und Engagierte können eigene, gemeinwohlorientierte Projektideen einbringen und umsetzen.
Rückblick auf 2020
Während der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr wurde die Leistungsfähigkeit des Feldes nochmals eindrucksvoll belegt. Das Tempelhofer Feld war für viele Berliner*innen der naturnahe, erreichbare Freiraum während des Lockdowns. Vielfältige Aktivitäten wurden aufs Feld verlegt und trotz erhöhter Besucherzahlen gab es genügend Raum für die sichere Begegnung mit Abstand.
Das Fazit des UFZ-Teams
Als zentraler Ort des Berliner Stadtgrüns ist das Tempelhofer Feld, ein Optionsraum z.B. mit Blick auf den Klimawandel und die Minderung seiner Folgen. Es stärkt Gesundheit und Lebensqualität seiner Besucher*innen, ist ein Element kommunaler Daseinsvorsorge und bedeutsam für Positionierung im Wettbewerb zwischen Städten. „Die besondere Wertigkeit des Tempelhofer Feldes steigert sich durch das Zusammenwirken der genannten Ebenen. Das Ganze ist viel mehr wert als die Summe seiner Einzelteile“, sagt Ulrike Tröger, Landschaftsökologin und federführend an der Wertigkeitsstudie beteiligt.
Das Fachgespräch fand in einem Online-Format am 18.01.2021 von 17 –19:30 Uhr statt. Eingeladen hat die Feldkoordination, die Moderation und Dokumentation übernahm die Geschäftsstelle.
Gemeinsame Zielformulierung der Feldkoordination für das Treffen
Die Alte Gärtnerei, ein Paradies für Pflanzen und Tiere, soll im Rahmen des Tempelhofer Feld Gesetzes (ThFG) und des Naturschutzrechtes (insbesondere mit den artenschutzrechtlichen Aspekten) weiterentwickelt werden. Naturschutzfachliche Untersuchungen in den letzten Jahren zeigen die naturschutz- und artenschutzfachliche Bedeutung der Fläche auf. Insbesondere der Fund von Zauneidechsen hat uns alle in der Feldkoordination bewegt. Um unter diesen Bedingungen die Möglichkeiten der Weiterentwicklung des Standortes festzulegen, wollen wir die fachlichen Fragen zum Natur- und Artenschutz in diesem Fachgespräch klären. Dies wird im Austausch zwischen Expert*innen, Feldkoordinator*innen und interessierten Bürger*innen erfolgen. Als Ergebnis wollen wir eine Empfehlung erarbeiten, die von der Obersten Naturschutzbehörde geprüft wird und in deren Entscheidungen einfließen soll. Dieses Prüfergebnis stellt für uns als Feldkoordination die Grundlage für die weitere Arbeit dar. Ziel ist es, die Nutzungen als Betriebshof durch die Grün Berlin und die geplanten Umwelt- und gärtnerische Bildungsprojekte der Zivilgesellschaft mit dem Natur- und Artenschutz in Einklang zu bringen und die bereits vorhandenen Nutzungen zu optimieren.
Einführung und Hintergrund: Alte Gärtnerei
Frau Renker (SenUVK) stellt unter Bezug auf die gemeinsame Zielformulierung nochmals auf die drei Vorgaben vor, unter denen die Alte Gärtnerei weiterentwickelt werden kann: Die Alte Gärtnerei ist aus naturschutzfachlicher Sicht eine Fläche mit einer hohen Wertigkeit. Auf dem Gelände ist der Betriebshof der Grün Berlin GmbH für das ThF untergebracht. Der Entwicklungs- und Pflegeplan sieht eine kontrollierte Öffnung des Geländes sowie eine Nutzung für Umweltbildung vor.
Vorstellung der Fragen
Die Fragestellungen der gewählten Feldkoordinator*innen waren vor dem Treffen an die Expert*innen sowie an alle Teilnehmer*innen des Fachgespräches versandt worden. Frau Bongartz (gewählte Feldkoordinatorin) verweist unter Bezug auf diese Fragestellungen insbesondere auf die Themen Schutzstatus Zauneidechsen, grundsätzliches Monitoring, ökologische Rahmenbedingungen sowie die Pläne als Grundlage für das weitere Vorgehen.
Fachliche Perspektiven der Expert*innen
Birgit Klimek (SWUP GmbH): Neues Tor verkürzt den Zufahrtsweg
Welche Auswirkungen hat die neue angestrebte Y-förmige Wegeführung mit neuem Tor (Zufahrt für Grün Berlin GmbH) für die umliegenden wertvollen Habitate, da ja bisher die Frequenz des Befahrens nicht eingeschätzt wurde bzw. bekannt ist?
Antwort: Es ist gut, dass mit einem neuen Tor der Zufahrtsweg zum Betriebshof verkürzt wird. Der Weg an sich existiert bereits. Er führt durch eine besonders schützenswerte Fläche. Die hohe Wertigkeit dieser Fläche beruht insbesondere auf dem Vorkommen von Insekten und Vögel.
Wieso wurde die alte Reihe alter Pappeln östlich des Weges entlang des Betriebshofes nicht mit in die Karte übernommen?
Antwort: Säulenpappeln sind keine heimischen Gehölze. Sie wurden in der Begutachtung des Baumbestandes 2016 als „untergeordnet wertvoll“ eingeordnet. Gleichwohl sind sie als „landschafts- und ortsprägend“ anzusehen, haben ein Potential für die Vogelbrut und für Fledermäuse. Die Pappeln am Standort östlich des Weges haben jedoch einen geringeren Stammumfang und sind somit jünger als die Pappeln südlich der Betriebslogistik. Am Standort südlich der Betriebslogistik wurde der Baumbestand daher als besonders schützenswert eingestuft.
Woraus leitet sich der nur mittlere naturschutzfachliche Wert dieser Flächen ab, wo doch für die Zauneidechsen eine hohe Wertigkeit des ganzen Geländes als Lebensraum festgestellt wurde?
Antwort: In der Bewertung geht es darum, die Flächen abzuschichten und dabei alle Arten und Artengruppe zu berücksichtigen. Die gesamte Fläche der Alten Gärtnerei bietet ein hohes Potenzial für Zauneidechsen. Die nördliche Fläche der Alten Gärtnerei sind insbesondere aufgrund der dort vorkommenden Insekten und Vögel wertvoll, die südlichen Flächen zeigen viele Zauneidechsen-Nachweise und sind auch für Insekten und weite Artengruppen besonders wertvoll.
Wie ist die gegensätzliche Darstellung des Bereiches um die alte Müllverbrennungsanlage in den beiden Abbildungen/Karten zu verstehen?
Antwort: Es handelt sich nicht um eine gegensätzliche, sondern um eine ergänzende Darstellung. Der im Fragenkatalog abgebildete Legendenpunkt ist falsch. Tatsächlich wird die Fläche in der Karte nur als Betriebsfläche ausgewiesen. Auch wenn eine Fläche als Betriebsfläche ausgewiesen ist, kann sie sich aus Sicht des Naturschutzes für bestimmte Arten qualifiziert werden – etwa für als Brutstätten für Vögel oder als Rückzugsorte für Fledermäuse, auch kleinere flächige Entsiegelungen wären hier denkbar.
Wie ist der Umgang mit den derzeitig abgelagerten Haufen auf der Fläche umzugehen? Sollen diese noch weiter bewirtschaftet werden, umsetzen, entnehmen, aufschütten von Material obgleich Bereich der Habitatanlage? Wenn ja, wie ist diese Nutzung mit den Habitaten vereinbar?
Antwort: Im Rahmen der Kampfmittelberäumung mussten bzw. müssen einzelne Haufen bewegt werden. Im textlichen Teil zum Konzeptentwurf Betriebslogistik gibt es bereits erste Hinweise zum Umgang mit den Materialhaufen. Zu empfehlen ist, sich darüber in den nächsten Prozessschritten in Form von konkreten Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen weitere Gedanken zu machen.
Heike Stahn (Ökoplan): Empfehlungen zum Schutz der Zauneidechsen
Geeignete Habitatstrukturen für die Zauneidechse sind auf der gesamten Fläche der „Alten Gärtnerei" vorhanden. Es lassen sich keine klaren Habitatgrenzen ziehen, da die Zauneidechsen eine Vielfalt an Strukturen nutzt und vor allem auch in Übergangs- und Saumbereichen vorkommen. Selbst die Ränder der betonierten Fahrwege können Teil des Habitates sein, da sie häufig als Sonnenplätze genutzt werden. Wenn keine größeren Eingriffe in die Fläche erfolgen, ist davon auszugehen, dass die Population der Zauneidechse auf der Fläche zunehmen wird. Die bisher erstellten Gutachten weisen Zauneidechsen teilweise in unterschiedlichen Bereichen der Gartenarbeitsschule nach. Dies ist kein Widerspruch, sondern die Gutachten ergänzen sich.
Zauneidechsen sind zwar sehr reviertreue, aber eben auch sehr heimliche Tiere, die im Rahmen von wenigen Begehungen nicht immer gesichtet werden können. Zudem können auch bei einer flächendeckenden Begehung unterschiedliche Pfade gegangen oder unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt worden sein. Je häufiger die Habitatflächen begangen werden, umso klarer wird das Bild der Vorkommensschwerpunkte auf der Fläche. Eine extensive Pflege (Mahd) der Flächen zum Erhalt der Zauneidechsen-Habitate ist notwendig, die Strukturvielfalt der Fläche sollte bestehen bleiben und könnte ggf. durch Strukturen, wie z.B. dauerhaft bleibende Schnittholzhaufen ergänzt werden.
Aus „Sicht der Zauneidechse" ist jedoch eine intensive Nutzung der Fläche kritisch zu sehen. Dies gilt insbesondere auch für eine gärtnerische Nutzung sowie für eine Öffnung der Flächen für die Freizeit- und Erholungsnutzung. Um die Habitatflächen und die Zauneidechsen u.a. auch vor Hunden zu schützen und um ggf. einen kontrollierten Zugang zu gewährleisten, sollte die Umzäunung bestehen bleiben. Bei jeder geplanten Nutzung der Fläche sollte darauf geachtet werden, dass die Verbindung zu den bahnparallelen Böschungen bestehen bleibt, da davon ausgegangen wird, dass die Population der Zauneidechse in der "Alten Gärtnerei" mit diesen Flächen in Verbindung steht.
Eine gelenkte, kleinflächige Nutzung zu Umweltbildungszwecken, wie z.B. ein Holzsteg am Rand einer Kernfläche, könnte zum Verständnis der Lebensweise der Zauneidechse sowie anderen Lebewesen in der Alten Gärtnerei und der Maßnahmen zu ihrem Schutz beitragen.
Susanne Bengsch (Stiftung Naturschutz): Chance für verbesserten Amphibienschutz
Viele Aussagen von Frau Stahn werden unterstützt. Des Weiteren wäre zu begrüßen, wenn in der alten Gärtnerei ein richtiger Teich angelegt werden würde. Dies würde das Vorkommen von Amphibien unterstützen, deren Populationen berlinweit dramatisch zurückgegangen sind. Speziell der Lebensraum von Zauneidechsen wurde in Berlin durch die Bebauung von Stadtbrachen weiter zurückgedrängt.
Habitatzerschneidung sollte vermieden werden. Der Zaun ist nötig, da der Zugang für Besucher*innen geregelt sein muss und Hunde grundsätzlich draußen bleiben müssen. Besucher- und Störungsdruck müssen möglichst geringgehalten werden, eine gelenkte Besucherführung ist möglich. Das Winterquartier für die Schafe sollte nicht vergrößert und mögliche Auswirkungen fachlich geprüft werden. Eine zukünftige Beweidung der Fläche ist nicht anzustreben.
Antje Stavorinus (Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz): Ausgleich für Artenschutz schaffen
Dem bisher Gesagten kann sich weitgehend angeschlossen werden. Die Zauneidechsen unterliegen dem strengen europäischen Artenschutz. Das Monitoring sollte jährlich erfolgen und insbesondere die Zauneidechsen und die Insekten in den Blick nehmen. Die Habitate für die Zauneidechsen sind nicht eindeutig eingrenzbar. Für bestehende Habitate sollte im Zusammenhang mit einer Nutzung ggf. ein Ausgleich geschaffen werden. Denkbar wäre, die Gebäude für die Nutzung als Freilandlabor freizugeben. Nötig ist eine gezielte Lenkung der Besucher*innen, eine gärtnerische Nutzung des Geländes halte ich für schwierig. Die Pappeln auf dem Gelände sind als Rückzugsorte – etwas für Fledermäuse – wichtig und wertvoll. Für bestehende Habitate muss im Zusammenhang mit einer Nutzung ein Ausgleich geschaffen werden. Es bedarf einer genauen Prüfung des Sachverhalts.
Gisela Lütkenhaus (Büro des Landesbeauftragten für Naturschutz und Landschaftspflege): Plädoyer für mehr Umweltbildung
Dem bisher Gesagten kann sich weitgehend angeschlossen werden. Das Einrichten eines Umweltlabors in der Alten Gärtnerei einschließlich der Möglichkeit, ein Gebäude zu nutzen, wird sehr befürwortet. Es ist dringend nötig, der Bevölkerung mehr Artenkenntnisse und Wissen zu vermitteln. Es gibt nicht mehr viele Experten, die sich mit Artengruppen wirklich gut auskennen – es fehlt an Nachwuchswissenschaftlern. Umso dringlicher ist es, in das Thema „Vermittlung von Artenkenntnissen“ viel Energie zu stecken und dabei Orte zu nutzen, die ein sehr artenreiches Potential besitzen. Eine weitere Idee wäre es, in Kooperation mit Grün Berlin GmbH Landschaftspfleger*innen einen „Ausbildungstool naturschutz-orientierte Pflege“ der Landschaft anzubieten, so wie sie auf dem Tempelhofer Feld praktiziert wird. Im Rahmen der Umweltbildung könnte ein Naturlehrpfad entstehen. Zu empfehlen ist, die Umweltbildung in der Alten Gärtnerei mit dem Naturerfahrungsraum an der Oderstraße zu verknüpfen, derartige Kooperationen haben sich auch an anderen Standorten in Berlin bewährt. Die Abzäunung des Geländes ist weiterhin notwendig. Eine gärtnerische Nutzung der Gesamtfläche ist nicht zu empfehlen, da dies den Charakter der offenen Flächen des Geländes deutlich verändern würde. Der Nutzung von Teilflächen als Winterquartier für die Weidetiere auf einer klar abgegrenzten Fläche wird begrüßt, da die Beweidung des Tempelhofer Feldes eine wichtige Aufgabe des Naturschutzmanagements ist. Das Monitoring (mit Schwerpunkten auf spezifische Artengruppen) ist weiter fortzusetzen, wobei ein Zwei-Jahres-Rhythmus ausreicht.
Dr. Melanie von Orlow (Nabu Berlin): Zustimmung zu den Vorgaben - veränderter Plan
Die zusammenfassende Beurteilung in der Kurzexpertise zur Alten Gärtnerei wird unterstützt. Die Alte Gärtnerei ist eine strukturreiche Fläche, die vielen Arten einen Lebensraum bietet. Die Übersetzung der Empfehlungen in die vorliegenden Pläne ist zu detailliert. Die Flächen für die Akteur*innen sind stärker zu begrenzen: Siehe Plan auf Seite 6 sowie weitere Empfehlungen im angehängten Foliensatz.
Die Detailfragen der Planung sollten in der Verhandlung mit den späteren Akteur*innen geklärt werden. Die Alte Gärtnerei bietet nicht nur die Chance für die Zauneidechsen, sondern auch für andere Tiergruppen, wie z. B. die Wildbienen. Die mitunter konkurrierenden Schutzbedürfnisse der verschiedenen Arten müssen naturschutzfachlich abgewogen und miteinander in Ausgleich gebracht werden. Dabei müssen ggf. auch Kompromisse bei widersprüchlichen Anforderungen gefunden werden.
Juliane Bauer (Senatsverwaltung für Umwelt, Klimaschutz und Verkehr): Koexistenz optimieren
In vielen Punkt wird dem bisher Gesagtem zugestimmt. Zaun, manuelle Pflege, Besucherlenkung und keine Neubauten sind auf dem Gelände der Alten Gärtnerei zwingend. Für die Zauneidechsen sollten Ausgleichsorte geschaffen werden. So ist es denkbar, die vorhandenen Habitate der Zauneidechsen durch zusätzliche Maßnahmen in Form von neuen Trittsteinbiotopen zur Vernetzung aufzuwerten (vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen zur Erhaltung und Aufwertung der Lebensraumfunktion). Der Betriebshof kann unter bestimmten Voraussetzungen (Vermeidungsmaßnahmen, ökologische Begleitung) nach Abstimmung mit der Obersten Naturschutzbehörde optimiert werden. In diesem Zusammenhang wird auch die Öffnung eines neuen Tores am nördlichen Rand befürwortet, da dadurch der Zufahrtsweg deutlich verkürzt wird und die Habitate im Nordosten beruhigt werden. Das weitere Monitoring in einem noch abzustimmenden Turnus für das Gelände ist sinnvoll. Um das Interesse am und das Wissen über den Artenschutz bzw. bestimmte Artengruppen zu stärken, befürworten wir Angebote der Umweltbildung, die kontrolliert auf dem Gelände gelenkt werden.
Nachfragen/ Nachtrag
Birgit Klimek: Der vorliegende Plan „Flächenaufteilung“ ist nicht so zu verstehen, dass die blau unterlegten Flächen für die Akteur*innen komplett freizugeben sind. Vielmehr sind damit nur die Bereiche gekennzeichnet, in den eine Umweltbildung mit kontrollierter Freigabe stattfinden kann. Auch wir plädieren für ein weiterführendes Monitoring.
Heike Stahn: Die Gutachten von Ökoplan und Büro Ratsch widersprechen sich nicht, sondern sie ergänzen sich. Grundsätzlich gilt – wo die Zauneidechsen einmal gefunden worden sind, kommen sie auch (weiterhin) vor, sie sind grundsätzlich „reviertreu“.
Juliane Bauer: Zum Ausschluss von Tötungen (> hoher Artenschutz) sind im Sinne eines Risiko-Managements“ vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen zu empfehlen. Dies könnten auch Winterhabitate sein.
Andreas Ratsch (freier Gutachter): Neue Habitate für die Zauneidechse schaffen
Die Alte Gärtnerei ist aufgrund der Strukturvielfalt ein „Hotspot“ für die Zauneidechsen. Um das Vorkommen zu sichern, ist jede Zauneidechsen-Population auf der Betriebshof-Fläche rauszufangen und für sie sind neue Habitate zu schaffen. Das Rausfangen und Ausgleichshabitate-Schaffen ist je nach den Nutzungs-Modalitäten des Betriebshofes eine gesetzliche Pflicht. Die Alte Gärtnerei muss auch für die Zauneidechse gestaltet werden, z.B. indem Sonnenplätze eingerichtet werden. Die Fläche ist insbesondere auf Grund möglicher unbekannter Zauneidechsen-Habitate (z. B. in dichten krautigen Pflanzenbeständen) in der Gärtnerei ein „Minenfeld für Nutzer" (man kann nie wissen, wann und wo man auf eine Eidechse trifft). Eine bewusste, vorsichtige und kompetente Vorgehensweise ist erforderlich. Intensives Gärtnern („Spatensoldaten“) sollte hier keinen Platz haben. Eine Bewirtschaftung nach den Prinzipien der „Permakultur“ ist dagegen möglich. Neben den Zauneidechsen sollte insbesondere auch auf den Vogelschutz geachtet werden. Grundsätzlich gilt, die jeweiligen „Methoden“, mit denen in der Alten Gärtnerei gearbeitet werden soll, genau zu untersuchen. Entscheidend ist, dass Akteur*innen in einer Mensch-Pflanze-Tier-Beziehung stehen und agieren müssen (nicht nur Mensch-Nutzpflanze).
Weitere Nachfragen
Nutzung der Alten Gärtnerei Feld Food Forest sucht nach einem Standort für den Aufbau eines „Food Forest“ (Lebensmittel-Wald) nach den Permakultur-Prinzipien und fragt nach, ob die Expert*innen dies mit dem Standort Alte Gärtnerei für vereinbar halten.
Andreas Ratsch: Gute Idee, aber Zusammenarbeit mit Fauna-Experten ist notwendig.
Gisela Lütkenhaus: Gefahr, dass der Anbau zu einer hohen Beschattung des Geländes führt. Fraglich, ob dies der richtige Standort ist.
Norbert Prauser: In der Alten Gärtnerei ist die Umsetzung eher kritisch zu bewerten.
Anmerkung Feld Food Forest, dass das Konzept den natürlichen Voraussetzungen angepasst werden könne (nicht weiter ausgeführt, da heute nicht Thema).
Winterquartier Nach der Winterbestallung sollte die Fläche neu bewertet werden.
Kampfmittelräumung/Grün Berlin Das letzte Drittel der Fläche wird im Herbst geräumt.
Nutzung der Gebäude/ Gewächshaus Aktuell können die Gebäude nicht genutzt werden. Sie sollten aber langfristig für Umweltbildung im Konzept berücksichtigt werden.
Weiteres Vorgehen
Rahmenbedingungen für die Alte Gärtnerei werden formuliert und sind dann vertraulich, bis sie im Ausschreibungsverfahren veröffentlicht werden, um mögliche Akteur*innen zu finden. Es wird seitens der SenUVK angeboten, dass eine der gewählten Feldkoordinator*innen an der Textarbeit mitwirken kann; muss sich jedoch zur Verschwiegenheit verpflichten.
Honigbienen mit ihrem komplexen Sozialstaat sind die Ausnahme im Bienenreich. Wildbienen und Hummeln sind nicht die hinterwäldlerischen Verwandten der Honigbiene, in Mitteleuropa sind sie mit 750, in Deutschland mit 560 Arten vertreten. Alle gemeinsam können in ihrer Bedeutung für die Bestäubung von Blütenpflanzen gar nicht überschätzt werden.
261 Wildbienenarten wurden im Stadtgebiet Berlin 2016 festgestellt, viele davon auch auf dem Tempelhofer Feld. Zahlreiche städtische Bereiche mit wärmerem Mikroklima, die Vielfalt kleinräumiger Strukturen, ein reichliches Nahrungsangebot in Gärten, Parks und Brachflächen wirken sich positiv auf die Bestände aus. Die Population an Wildbienen auf dem Feld ist 2019 im Vergleich zur Voruntersuchung allerdings artenärmer und kleiner geworden. 1
Sind auf dem Feld Versuche mit unterschiedlichen Arten der Beweidung und mit Veränderungen des Mahd-Regimes willkommene Möglichkeiten zu mehr Diversität zu kommen und mehr und geeignete Lebensräume entstehen zu lassen, so sind Gärten, Kleingärten und Balkone in der Nachbarschaft Orte, in denen aktiv Lebensraum und Nahrung für Wildbienen geschaffen und der Wildbienen-Bestand auf dem Feld unterstützt werden kann.
Wildbienen machen am Zaun um das Tempelhofer Feld nicht halt. Sie schlüpfen durch die Maschen des umgebenden Zaunes und machen unaufdringlich deutlich, dass das Feld eingebunden ist in das städtische Umfeld. Zum Vorteil auch für die auf dem Feld lebenden Bienen.
In (Klein-) Gärten und auf Brachen werden Totholz, Gestrüpp und selbst kleinste unbewirtschaftete Bodenflächen von Wildbienen bezogen.
Im Eigenbau lassen sich zweckmäßige Nisthilfen gut selbst herstellen, diese sind in der Regel schnell komplett besiedelt. Und es ist nicht schwer, mit ein wenig Aufmerksamkeit die häufigsten Fehler bei deren Bau zu vermeiden. Auf engstem Raum können bei entsprechendem Blühpflanzenangebot Wildbienen so auch auf einem kleinen Balkon beobachtet werden. Dafür reicht u.U. schon ein bienengerecht bepflanzter Blumentopf - oder Balkon. Idealerweise einheimische Blütenpflanzen, die angepasst an hiesige klimatische Verhältnisse die ganze Saison über Pollen und Nektar liefern.
Totholz
Am einfachsten ist es natürlich, vor Ort befindliches Totholz zu belassen. Ansonsten können mit Bohrlöchern von 2 – 9 mm Durchmesser und bis zu 10 cm Tiefe in Hartholzstämmen die verlassenen Fraßgänge von Käferlarven nachgeahmt werden. Dabei sollte das Hartholz bereits 1 – 2 Jahre gelagert haben. Die Bohrlöcher werden zur Vermeidung von Rissbildung von der Seite und nicht von der Schnittkante her angebracht, mit Schleifpapier glattwandig gestaltet und die Bohrspäne ausgeklopft. So ist sichergestellt, dass die Wildbienen beim Eintreten in den Gang ihre empfindlichen Hautflügel nicht verletzen.
Gestrüpp
Wildbienen besiedeln markhaltige Pflanzenstängel wie Bambus, Brombeerranken etc., die abgebrochen sind und schräg oder senkrecht stehen von den Bruch- oder Schnittkanten her. Dazu bohren sie Gänge in das Mark. Findet sich kein geeignetes Gestrüpp im Garten, können 30 – 40 cm lange, an einer Seite geschlossene Stängel (zur besseren Besiedelung einzeln) senkrecht an Zäunen oder Pfählen angebracht werden. Auch geeignete Pappröhrchen und Tonziegel werden im Handel angeboten.
Boden
Bodenbrüter besiedeln schnell Magerrasen, Steilhänge und Abbruchkanten unbefestigter Wege oder Blumenkästen ohne Humusauflage oder deren Ersatz durch ungebrannte Lehmziegel ohne Beimengungen von Stroh und Holzfasern.
Nahrung
Wird das Wohnraumangebot ergänzt durch ein geeignetes Nahrungsangebot, steht einer erfolgreichen Wildbienenansiedelung im eigenen (Klein-) Garten oder dem Balkon nichts mehr im Wege.
Auch so kann die Vielfältigkeit und Größe der wertvollen Wildbienenpopulation auf dem Feld erhalten werden.
Und da jetzt die Efeu-Seidenbiene auch in Berlin angekommen ist, hat Dr. Westrich kürzlich ein Merkblatt erstellt, das Kindergärten und Schulen Hinweise gibt, wie damit umzugehen ist, wenn die Art Sandkästen oder Spielplätze in Anzahl besiedelt. https://www.wildbienen.info/steckbriefe/colletes_hederae.php
Deutsche Wildtierstiftung www.deutschewildtierstiftung.de Ratgeber Wildbienen, WILDBIENEN schützen und fördern im Kleingarten und viele weitere Veröffentlichungen.
Tipps zu Nisthilfen Werner David, Fertig zum Einzug
Das vom NABU entwickelte Nutzungskonzept hat sich innerhalb eines Interessenbekundungsverfahrens durchgesetzt. Künftig wird die Alte Gärtnerei als Ort der Umweltbildung entwickelt!
Das Gelände „Alte Gärtnerei“ ist ein Naturparadies im Südosten des Tempelhofer Feldes. Da die Fläche bislang nicht öffentlich ist, konnte sich die Natur dort besonders entfalten. Bisher wird das Gelände für die Bewirtschaftung des Feldes und als Rückzugsort für die Schafe genutzt. Die Gärtnerei wird nun für Umwelt- und gärtnerische Bildungsprojekte der Zivilgesellschaft behutsam geöffnet werden. Hierfür wurde mit Bürgerbeteiligung ein Nutzungskonzept erstellt.
Ziel ist es, die Nutzungen als Betriebshof durch die Grün Berlin und die geplanten Umwelt- und gärtnerischen Bildungsprojekte der Zivilgesellschaft mit dem Natur- und Artenschutz in Einklang zu bringen und die bereits vorhandenen Nutzungen zu optimieren. Ein Nutzungskonzept, das 2022 vom NABU entwickelt wurde bildet künftig die Basis der Weiterentwicklung.
Ein neuer Ort für Umweltbildung auf dem Tempelhofer Feld
Geplant ist, dass Themen der Umweltbildung für alle Bevölkerungs- und
Altersschichten z.B. durch Kräuterführungen, Möglichkeiten zur
Insektenbeobachtung oder dem Bau von Insektenhotels ermöglicht werden
soll. Dies soll in Kooperation mit lokalen Akteuren wie Schulen, Kita
etc. passieren. Der NABU plant auch, den Gärtnereibetrieb, der einstmals
in den verfallenen Gewächshäusern betrieben wurde wiederzubeleben.
Perspektivisch werden für diese Form der Nutzung weitere
Kooperationspartner*innen gesucht. Für Teilflächen der Alten Gärtnerei
ist auch vorgesehen, zivilgesellschaftliche Projekte zuzulassen.
Als nächstes werden konkrete Umsetzungsschritte geplant um die Finanzierung der Vorhaben auf den Weg zu bringen.
Oben: Alte Beetanlagen, Unten: Sanierungsbedarf bei den Gewächshäusern (Fotos: Geschäftsstelle)
Standort
Zu finden ist der Bereich ganz im Südosten des Feldes. Seit Eröffnung des Tempelhofer Feldes als Parkanlage ist dieser Bereich für die Öffentlichkeit geschlossen.
Kampfmittelräumung
Die Kampfmittelräumung dieses Bereichs ist abgeschlossen und damit steht der künftigen Nutzung des Areals nichts mehr im Weg.
Nutzung der Gebäude/ Gewächshaus
Aktuell können die Gebäude nicht genutzt werden da sie sanierungsbedürftig sind. Im Konzept für die künftige Nutzung in ist die Sanierung des Gewächshauses vorgesehen. Geschichtliches zum Gebäude 108
Der lang gestreckte eingeschossige Bau wurde 1948-50 auf dem Standort eines bereits seit Ende der 1930er Jahren bestehenden "Wirtschaftshofs" des Flughafens als eingeschossiges teilunterkellertes Gärtnereigebäude errichtet.
Zu dem barackenähnlichen Bau der Gärtnerei gehörte ein 1950 parallel daneben erbautes Gewächshaus, das Mitte der 1980er Jahre als Stahl-Glas-Konstruktion komplett neu aufgebaut wurde und seitdem mit dem Gärtnereigebäude verbunden ist.
In der Gärtnerei, die über ca. 10 Hektar Nutzfläche verfügte, wurde in den 1940er Jahren Gemüse angebaut. Damit wurde die Werksküche des Flughafens Tempelhof beliefert, die täglich 2.500 Mahlzeiten für Angestellte des Flughafens, zivile Angehörige der Besatzungsmacht und Angehörige der auf dem Flughafen tätigen Unternehmen herstellte.
Schönstes Sommerwetter lockte in diesem Jahr nicht nur langjährige Begleiter*innen der Feldkoordination zum Feldforum. Ein großes Zelt auf dem Feld nahe dem südlichen Eingang Tempelhofer Damm zeigte schon von Weitem an, dass an diesem Sommertag etwas Besonderes ansteht und weckte so auch bei spontanen Feldbesucher*innen Interesse. Beim 9. Feldforum am 20.August drehte sich alles um die geplanten Maßnahmen im Bereich des Tempelhofer Damms.
07.09.2020
Eröffnung des Feldforums
Herausfordernd war im Vorfeld die Frage, wie sich ein Feldforum organisieren ließe, das die Teilnehmenden gut und punktgenau informiert und gleichzeitig allen Beteiligten den sicheren Raum und Abstand bietet. Kein Ort war dafür besser geeignet als das Tempelhofer Feld. Eine Arbeitsgruppe bestehend aus Feldkoordinator*innen und engagierten Bürger*innen kümmerte sich um den Ablauf. Schnell entstand die Idee, geführte Rundgänge im Bereich des Tempelhofer Damms zu organisieren, um die geplanten Vorhaben in diesem Teilbereich anschaulich zu machen.
Ablaufplan, Maßnahmenplan, Hygienehinweise
Rundgänge und eine Rundschau Eine eigens für die Rundgänge konzipierte Plangrafik erläuterte ausgewählte Maßnahmen aus dem Entwicklungs- und Pflegeplan (EPP), die kurz-, mittel- und langfristig prioritär umgesetzt werden. Sie ergänzt und konkretisiert den EPP, welcher mit allen seinen Inhalten die Grundlage für die weiteren Planungen ist.
Anhand der Plangrafik wurde ablesbar, wo Boule-Felder, Urban Gardening-Flächen, ein Sandspielplatz, ein neuer Hundeauslaufplatz u.v.m. entstehen sollen. Da die Wege auf dem Feld weit sind, gab es drei verschiedene, von der Feldkoordination angeleitete Rundgänge sowie eine „Rundschau“ am Zelt für alle, die keine weiten Wege machen wollten.
Rundschau statt Rundgang: Ursula Renker (SenUVK) erläutert die geplanten Maßnahmen am Zelt
In jedem Rundgang notierte eine Botschafter*in die Anregungen, Ideen oder Verbesserungen, die in den Gruppen besprochen wurden. Diese Anregungen wurden nach den Rundgängen gemeinsam im Plenum – natürlich mit ausreichend Abstand – gesammelt.
Die Ergebnisse bilden die Grundlage für die weitere Arbeit der Feldkoordination. Es war eine gelungene Veranstaltung unter speziellen Bedingungen. Die Feldkoordinator*innen möchten sich bei allen Teilnehmenden herzlich bedanken!
Gemeinsames Sammeln der Berichte der Rundgänge
Gesammelte Ergebnisse der Rundgänge
Dankesworte und Abschied durch die Feldkoordination
Wildbienen auf dem Feld: Große Vielfalt im Kleinen
Sie sind uns allen präsent, in ihrem Bestand sind sie hoch gefährdet und auf dem Tempelhofer Feld sind sie scheinbar überall: Wildbienen. Wer beim Spaziergang über die Wiesenflächen des Feldes den Blick auf den Boden richtet, kommt kaum an ihnen vorbei. Besonders an sonnigen Tagen sind sie unterwegs und sammeln Pollen, Nektar und Nistmaterial.
Ihre Gewohnheiten
Ihre Ansprüche sind so unterschiedlich wie ihr Aussehen. Sie nisten im Erdboden, in hohlen Pflanzenstängeln oder bestehenden Hohlräumen. Ein Viertel der Arten legt die Eier in fremde Nester. Einige benötigen spezielle Materialien für den Nestbau oder Nahrung von nur einer Pflanzenart. Alle sind darauf angewiesen, Nahrung und Nistmaterial möglichst in der Nähe ihres Nistplatzes zu finden. Die max. Flugdistanz liegt bei den Meisten zwischen 300 und 15oo Metern, ideal sind 200 – 300 m. Sind die Wege weit, kann die Biene weniger Brutzellen anlegen und die bereits angelegten weniger gut versorgen. Auch das ein Grund für kleiner werdende Bestände. (Quelle 1)
Situation auf dem Feld
Auf dem Tempelhofer Feld wurden 2019 im Rahmen des regelmäßig stattfindenden naturschutzfachlichen Monitorings (Quelle 2) das Gelände am „Alten Hafen“, die „Alte Gärtnerei“ und Urban Gardening Flächen an der Oderstraße untersucht und 75 Arten nachgewiesen. Im Vergleich zu 2005 wurden 19 Arten erstmalig nachgewiesen, 63 nicht mehr gefunden. Die Verfasser gehen von einem ernst zu nehmenden Arten-Rückgang aus und bringen dies u.a. mit einer Verarmung an Nahrungspflanzen für Bienen in Verbindung. Dies gilt besonders für diejenigen Arten, die hochspezialisiert sind und sich nur von einer oder wenigen Pflanzenarten ernähren.
Acht der nachgewiesenen Arten finden sich auf der Roten Liste (Quelle 3). Die klimatischen Bedingungen scheinen aber auch dafür zu sorgen, dass sich das deutschlandweit reichste Vorkommen einiger Arten auf dem Tempelhofer Feld findet.
Insgesamt werten die Verfasser das Ergebnis der Untersuchung als Hinweis auf ein beginnendes Schwinden der Artenvielfalt auf dem Feld und meinen, es könnte helfen, das Nahrungsangebot für die Bienen zu vergrößern und für größeren pflanzlichen Artenreichtum zu sorgen. Bereits kleine Veränderungen bei der Bewirtschaftung werden hier helfen. Auch die gegenwärtig erprobte Beweidung kann zu mehr Blütenvielfalt führen und am südlichen Tempelhofer Damm werden in Kürze zusätzlich Wildkräuter-Blühstreifen angelegt.
Die Strukturvielfalt des Geländes um den Alten Hafen begünstigt das Vorkommen zahlreicher Arten. Bodenbewohnende Bienen ziehen Nutzen aus dem Anlegen kleiner, offener Bodenstellen, belassene Hecken und Pflanzenstängel erhöhen das Nistplatzangebot für in Holz und Stängeln nistende Arten.
So werden vielfältigste Anstrengungen unternommen, damit auf dem Tempelhofer Feld Artenvielfalt auch in Zukunft unmittelbar zu erleben ist.
Es ist nicht immer leicht, die Arten zu bestimmen, die auf dem Tempelhofer Feld zu beobachten sind. Eine Möglichkeit bietet u.a. der „Wildbienenfinder“ auf der Seite https://www.wildbienenwelt.de
Autor: Wilfried Buettner, September 2020
Quellen
1. Werner David - Fertig zum Einzug: Nisthilfen für Wildbienen, 4. Auflage 2019 Pala Verlag.
Studie zur gesellschaftlichen Wertigkeit des Feldes
Für die einen ist das Tempelhofer Feld ein großer Sportplatz. Andere staunen dort über selten gewordene Pflanzen und Tiere. Manche entspannen sich beim Blick in die Weite, andere verbinden mit der Fläche vor allem Historisches. Welchen sozialen und ökologischen Wert aber hat das Tempelhofer Feld für alle Nutzer*innen, ja für ganz Berlin?
Wissenschaftler des Helmholtz Zentrum für Umweltforschung aus Leipzig (UFZ) werden diesen Fragen auf den Grund gehen und dazu eine Studie erstellen. Auftraggeber ist die Senatsverwaltung für Verkehr, Umwelt und Klimaschutz. Unter dem Titel „Zur gesellschaftlichen Wertigkeit des Tempelhofer Feldes – Qualitäten erfassen und sichtbar machen“ soll die aktuelle Bedeutung des Feldes für die verschiedenen Nutzer*innen erfasst werden. Ende Juli tauschten sich Professor Dr. Bernd Hansjürgens, Ulrike Tröger und Anne Wessner, allesamt vom UFZ, mit der Feldkoordination über das geplante Vorgehen aus. Als Grundlage der Analyse dienen vorliegende Berichte und Studien, Monitoring- und Befragungsdaten, die mit der Ökosystemleistungsperspektive ausgewertet und um soziale Dimensionen erweitert werden. Punktuell werden auch Nutzer*innen und Expert*innen des Tempelhofer Feldes befragt. Die Feldkoordinator*innen sind dafür wichtige Akteur*innen und Multiplikatoren.
Das Ziel der Studie ist es, die große Bandbreite der vom Feld bereitgestellten Leistungen für das menschliche Wohlbefinden und Zusammenleben zu erfassen und zu beschreiben.
Die Skuddenschafe kehren mit ihren Jungtieren auf das Tempelhofer Feld zurück
20.03.2020
Die Schafe werden Ende März mit ihren Jungen aus dem Winterquartier noch vor Beginn der Brutzeit der Feldlerche auf das Tempelhofer Feld gebracht. Im Zuge dessen werden drei zusätzliche Hochsitze im Umfeld der Beweidungsflächen auf dem THF aufgestellt. Damit ist es möglich, auch aus der Entfernung eine gute Sicht auf die Schafe zu haben, ohne sie in ihrem Verhalten zu stören. Von hier aus lässt sich auch die weitere Natur- und Pflanzenwelt auf dem Tempelhofer Feld gut beobachten.
Die Schafe finden Sie dann im im südöstlichen Bereich des Tempelhofer Feldes!
Ende April haben sich Vertreter*innen der Feldkoordination und des Naturschutzbundes (Nabu) zu einem gemeinsamen Rundgang in der „Alten Gärtnerei“ getroffen. Weitere Termine für Vor-Ort-Besuche mit Initiativen und Interessierten sollen folgen. Hintergrund ist, dass die „Alte Gärtnerei“ mittelfristig intensiver genutzt werden soll. Für das eingezäunte Gelände im Südosten des ehemaligen Flughafens soll ein „Nutzungskonzept“ erarbeitet werden – gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern sowie unter besonderer Berücksichtigung des Naturschutzes. So steht es im Entwicklungs- und Pflegeplan (EPP). Noch ist nicht klar, wie der Prozess für die Ideenfindung und das anschließende Auswahlverfahren konkret zu gestalten ist. Geplant wird bislang eine Zukunftswerkstatt Ende 2020, in der die verschiedenen Akteure ihre Vorschläge einbringen können.
Die Alte Gärtnerei gilt als ein Naturparadies im Südosten des Tempelhofer Feldes. Die Jahre, in denen die Arbeit ruhten, hat die Natur genutzt: Gutachter loben insbesondere den Bestand an Gehölzen sowie die Vielfalt an Vogel- und Wildbienenarten. Da dort 2018 auch zahlreiche Zauneidechsen entdeckt worden sind, musste die notwendige Kampfmittelberäumung zeitweise unterbrochen werden. Ziel ist es, bis zum Februar 2021 die Suche nach alten Weltkriegsbomben und Munition zu beenden, um danach die Planungen und Vorarbeiten für die neue Nutzung voranzutreiben.
Innenansicht des ehemaligen Gewächshauses
Restbestände von Pflanzanlagen
Dr. Michael Rostalski (Grün Berlin GmbH) erläutert die alten technischen Anlagen